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„CQ CQ Embassy“ – Diplomatische Kommunikation über Funk


Diplomatie lebt von Worten – und manchmal davon, dass diese Worte möglichst niemand außer dem Empfänger hört. Bevor Glasfaser, verschlüsselte IP-Telefonie und Satellitenlinks den Äther eroberten, war Funk jahrzehntelang das Rückgrat der internationalen Kommunikation zwischen Botschaften, Konsulaten und Heimatregierungen.

Technische Grundlagen

Diplomatische Funkkommunikation war (und ist) eine Mischung aus Hochfrequenztechnik, Kryptografie und Geduld:

  • Frequenzbereiche:
    • Kurzwelle (HF): 3–30 MHz, ideal für weltweite Reichweite dank Ionosphären-Reflexion.
    • VHF/UHF: 30 MHz–3 GHz, für regionale Verbindungen oder Richtfunkstrecken zwischen Botschaft und Außenposten.
    • Satellitenbänder (ab den 1970ern): L-, C- und Ku-Band für sichere Sprach- und Datenkanäle.
  • Modulationsarten:
    • AM und SSB für Sprachübertragung.
    • FSK und PSK für Telex- und Datenübertragung.
    • Später digitale Betriebsarten mit integrierter Verschlüsselung.
  • Verschlüsselung:
    • Früher: mechanische Chiffriermaschinen (z. B. SIGABA, später elektronische Systeme).
    • Heute: AES- oder One-Time-Pad-basierte Systeme, oft in Hardware implementiert.

Historische Beispiele

  1. Moskau – Washington Hotline (1963)
    • Entstanden nach der Kubakrise, um Missverständnisse zu vermeiden.
    • Anfangs Telex über Kabel, aber als Backup: Kurzwellenfunk mit verschlüsselten Textnachrichten.
    • Frequenzen im Bereich 10–15 MHz, um Tag/Nacht-Bedingungen zu kompensieren.
  2. Botschaftsfunk im Kalten Krieg
    • Westliche Botschaften in Ostblockstaaten betrieben oft unscheinbare Dachantennen.
    • Über diese liefen verschlüsselte Kurzwellen-Telexe nach London, Washington oder Bonn.
    • Die Gegenstelle war oft ein unscheinbares Regierungsgebäude mit einer beeindruckenden Antennenfarm.
  3. „Numbers Stations“
    • Mysteriöse Kurzwellensender, die Zahlenkolonnen in monotoner Stimme ausstrahlten.
    • Offiziell nie bestätigt, aber weithin als Kommunikationsmittel für Agenten und diplomatische Dienste angesehen.
    • Frequenzen: oft im 5–12 MHz-Bereich, um global empfangbar zu sein.

Schwarzer Humor im Äther

Diplomatischer Funk war oft so geheim, dass er auf Frequenzen lief, die jeder Funkamateur mit einem 50-Euro-Empfänger hören konnte – nur eben nicht verstehen. Manche Botschaften sendeten so regelmäßig, dass man die Uhr danach stellen konnte. Für Funkbegeisterte war das wie eine tägliche Radiosendung mit dem Titel: „Was wohl heute wieder verschlüsselt wird?“

Und wenn mal ein Techniker vergaß, die Verschlüsselung einzuschalten, hörte man statt kryptischer Töne plötzlich:

„Hier ist die Botschaft. Der Kaffee ist alle. Bitte dringend Nachschub.“

Findet das heute noch statt?

Ja – aber diskreter und technischer.

  • Kurzwelle wird weiterhin als Backup genutzt, weil sie unabhängig von Satelliten und Kabelnetzen funktioniert.
  • Satellitenkommunikation ist Standard, oft mehrfach redundant und stark verschlüsselt.
  • Richtfunk zwischen Botschaften und Residenzen ist in manchen Ländern noch aktiv.

Der Unterschied: Heute sind die Signale meist digital, breitbandig und so verschlüsselt, dass selbst ein Quantencomputer ins Schwitzen käme – zumindest für die nächsten paar Jahrzehnte.