HF-Masse vs. Schutzleiter-Masse: Zwei „Massen“, ein Missverständnis


Wer im Amateurfunk von „Masse“ spricht, meint oft alles Mögliche – vom Gegengewicht einer Antenne bis zur blanken Kupferschiene im Keller. Kein Wunder, dass Diskussionen in Vereinsheimen regelmäßig in hitzigen Vorträgen enden, bei denen der eine mit dem SWR-Meter fuchtelt und der andere mit der VDE-Norm. Zeit also, die beiden „Massen“ auseinanderzuhalten – und dabei ein paar Mythen zu beerdigen.

1. Die HF-Masse: Gegengewicht statt Erdspieß

  • Definition: Die HF-Masse ist kein „Erder“ im klassischen Sinn, sondern ein elektrisches Gegengewicht für asymmetrische Antennen (z. B. Vertikalstrahler, Endfed, Marconi).
  • Funktion: Sie schließt den Stromkreis für die hochfrequenten Ströme. Ohne Gegengewicht fließt der Rückstrom über alles, was er findet – Koaxschirm, Shack-Heizung, oder im schlimmsten Fall die Kaffeemaschine.
  • Beispiel: Ein λ/4-Vertikalstrahler ohne Radials hat ein SWR wie ein alter Röhrenfernseher nach Blitzschlag. Mit sauber verlegten Radials sinkt das SWR, die Abstrahlung wird effizienter, und der Nachbar wundert sich, warum plötzlich sein Garagentor nicht mehr im Takt der Morsezeichen auf- und zugeht.

2. Die „echte“ Masse: Erdung für Sicherheit und EMV

  • Definition: Hier geht es um die leitende Verbindung zur Erde – Schutzleiter, Blitzschutz, Potentialausgleich.
  • Funktion: Sie dient nicht der Antenne, sondern der Sicherheit und der EMV-Reduzierung.
  • Beispiel: Ein sauberer Potentialausgleich verhindert, dass Mantelwellen auf dem Koaxkabel den Shack in eine Mittelwellen-Sendeanlage verwandeln. Stattdessen werden die Störungen über Erdungsband und Erdspieß abgeleitet.

3. Typische Missverständnisse (und wie man sie erkennt)

Mythos Realität
„Ein Erdspieß ersetzt Radials.“ Falsch. Der Erdspieß ist für Blitzschutz und Potentialausgleich da. Für HF-Ströme ist er meist zu hochohmig.
„HF-Masse = Schutzleiter.“ Nein. Wer das glaubt, hat wahrscheinlich auch schon mal den Toaster ans Koax angeschlossen.
„Mehr Erdung = besseres SWR.“ Unsinn. Das SWR verbessert sich durch korrekt dimensionierte Gegengewichte, nicht durch den dritten Kupferstab im Garten.

4. Vorteile bei korrektem Einsatz

  • Besseres SWR: Radials oder Gegengewichte sorgen für einen definierten Rückstrompfad. Das reduziert Verluste und macht den Tuner arbeitsloser.
  • Weniger Mantelwellen: Mit Mantelwellensperren (Ferrite, Strombaluns) und sauberem Potentialausgleich bleibt die HF da, wo sie hingehört – in der Antenne, nicht im Mikrofonkabel.
  • EMV-Reduzierung: Eine gute Erdung verhindert, dass der Nachbar beim Bügeln plötzlich Radio Moskau empfängt.
  • Sicherheit: Blitzschutz und Schutzleiter sind keine Option, sondern Pflicht. Wer das ignoriert, darf sich später mit der Versicherung über „höhere Gewalt“ streiten.

5. Schwarzer Humor am Rande

Natürlich gibt es immer den einen alten Hasen im Ortsverband, der behauptet:

„Also bei mir läuft die Endfed seit 30 Jahren ohne Gegengewicht, und das SWR ist perfekt!“

Klar. Wahrscheinlich ist sein gesamtes Regenrinnensystem inzwischen Teil der Antenne, und die Nachbarskatze fungiert als lebendes Radial. Aber hey – Hauptsache, die Endstufe glüht.

Fazit

  • HF-Masse (Gegengewicht): Für die Antenne, damit sie effizient arbeitet.
  • Erdung / Schutzleiter: Für Sicherheit und EMV, damit Shack und Nachbarschaft nicht zur Versuchsanordnung werden.

Wer beides sauber trennt und korrekt einsetzt, hat nicht nur ein besseres SWR, sondern auch Ruhe vor den EMV-Beschwerden. Und das ist im Amateurfunk fast so wertvoll wie ein seltenes DXCC-Land.