TDoA Peilsysteme

1. Prinzip des TDOA-Peilsystems

Time Difference of Arrival (TDOA) nutzt den zeitlichen Unterschied, mit dem ein Funksignal an räumlich getrennten, synchronisierten Empfängern ankommt.

  • Grundidee: Ein Sender abstrahlt ein Signal, das bei mindestens drei Empfängern – deren Positionen genau bekannt und zeitlich synchronisiert sind (z. B. mittels GPS) – ankommt.
  • Geometrische Interpretation: Für einen Empfänger-Paar entspricht die gemessene Zeitdifferenz Δt der Distanzdifferenz:
Δd=c⋅Δt

mit c≈3×108 m/s (Lichtgeschwindigkeit).

  • Zwei Empfänger liefern eine Hyperbel möglicher Senderstandorte.
  • Drei Empfänger erlauben die Bestimmung des exakten Standorts als Schnittpunkt mehrerer Hyperbeln.

2. Technische Umsetzung

Die praktische Realisierung eines TDOA-Systems im HF-Bereich (Kurzwelle) umfasst folgende Elemente:

  • Empfänger & Synchronisation: Jeder Receiver (beispielsweise ein SDR wie RTL-SDR oder KiwiSDR) empfängt den Kurzwellensignalstrom (I/Q-Daten) und versieht diesen mit hochpräzisen Zeitstempeln, klassischerweise durch GPS-Disciplined Oscillators. Die Synchronisation ist essenziell, da zeitliche Abweichungen direkt in Positionsfehler umgerechnet werden.
  • Signalverarbeitung & Korrelation: In einem zentralen Prozessor oder dezentral in jedem Empfänger wird die Cross-Korrelation der empfangenen Signale durchgeführt.
    • Dabei wird der Signalverlauf eines Empfängers gegenüber dem eines anderen zeitlich verschoben, bis der Korrelationswert – sprich, der Abgleich der Signalformen – maximiert ist.
    • Der daraus resultierende Zeitversatz liefert Δt, der zur Berechnung der Distanzdifferenz genutzt wird.
  • Beispielhafte Parameter: Bei einer Abtastrate von 2 MHz ergibt sich eine zeitliche Auflösung von ca. 500 ns, was einer Distanzauflösung von
Δd=3×108 m/s×500×10−9 s≈150 m

entspricht – eine typische Größenordnung im Kurzwellensystem.

3. Mathematische Grundlagen und Laufzeitberechnungen

Gegeben:

  • P1=(x1,y1,z1) und P2=(x2,y2,z2) als Positionen der Empfänger,
  • rTX=(x,y,z) als unbekannter Senderstandort,
  • d1 und d2 als Distanzen vom Sender zu den jeweiligen Empfängern.

Die Ankunftszeiten lauten:

t1=te+d1cundt2=te+d2c

wobei te die unbekannte Emissionszeit ist. Die TDOA-Messung ergibt:

Δt=t1−t2=d1−d2c

Dies führt zu:

d1−d2=c⋅Δt

Da di=(x−xi)2+(y−yi)2+(z−zi)2, resultiert die Gleichung in einer nichtlinearen Beziehung, deren Lösung – durch Kombination mehrerer Empfänger – den Senderort eindeutig bestimmt (Schnittpunkt der Hyperbeln bzw. Hyperboloide).

4. Genauigkeit und mögliche Störgrößen

Die Genauigkeit eines TDOA-Systems hängt ab von:

  • Zeitliche Synchronisation: Selbst geringe Abweichungen in der Zeitstempelung (im Nanosekundenbereich) wirken sich direkt proportional auf die Distanzmessung aus („500 ns = 150 m“). GPS-basierte Referenzen minimieren diese Fehler, können aber nicht alle Abweichungen ausschließen.
  • Signal-Rausch-Verhältnis (SNR): Eine niedrige SNR kann die Korrelationsgenauigkeit verschlechtern, indem das korrelierte Signal unklar wird.
  • Multipfad- und Ionosphären-Effekte: Kurzwellensignale werden durch Mehrwegeausbreitung und ionosphärische Reflexionen verzerrt, was zu variablen Laufzeiten führt.
    • Beispielsweise kann eine zusätzliche Reflexion zu einem Versatz in Δt führen, wodurch der errechnete Senderstandort fehlerhaft wird.
  • Systematische Fehler: Ungenauigkeiten in der Messung oder Kalibrierungsfehler der Empfänger, kabelgebundene Verzögerungen oder interne Filterprozesse können ebenfalls die Endgenauigkeit beeinträchtigen.

Zusammengefasst werden in idealen Bedingungen Positionsauflösungen im Bereich von 100–200 Metern erreicht – abhängig von der Dichte der Empfänger und den Umgebungsbedingungen.

5. Kommerzielle Anwendungen und das KiwiSDR-Projekt

Kommerzielle Anwendungen:

  • Notfall- und Sicherheitsdienste: Lokalisierung von Notfunksignalen oder illegalen Sendungen.
  • Maritime Überwachung: In der Schifffahrt zur Bestimmung von Funksender-Positionen.
  • Telekommunikation & Militär: Unterstützung bei der Signallokalisierung im HF-Bereich.

KiwiSDR-Projekt: Das KiwiSDR-Netzwerk umfasst weltweit verteilte SDR-Empfänger, die über hochpräzise GPS-Zeitstempel verfügen und sich ideal für TDOA-Peilungen eignen.

  • Durch die Korrelation der empfangenen Signale aus dem KiwiSDR-Netz können auch schwache oder kurzwellenspezifische Signale lokalisiert werden.
  • Die offene Plattform ermöglicht Funkamateuren und Forschern, das Prinzip global zu testen und die Ergebnisse visuell auf Karten darzustellen – eine eindrucksvolle Anwendung moderner Softwarelösungen zur multilateralen Positionsbestimmung.

Fazit

Das TDOA-Peilsystem für Kurzwelle kombiniert hochpräzise Synchronisation, fortschrittliche Signalverarbeitung und nichtlineare Geometrie, um Funksignale anhand ihrer Laufzeitdifferenzen zu lokalisieren. Trotz atmosphärischer Einflüsse und multipler Störgrößen erzielt das System – insbesondere bei dichtem Receiver-Netzwerk wie im KiwiSDR-Projekt – eine Positionsbestimmung im Bereich einiger hundert Meter. Diese Technik findet sowohl in kommerziellen Anwendungen als auch in der Amateurfunk-Community breite Anwendung und demonstriert eindrucksvoll den Einsatz moderner Technologien zur Lokalisierung von HF-Sendern.