Die V‑Vertikalantenne für Kurzwelle – Physik, Praxis


📡 1. Physikalisches Prinzip – Wenn zwei Drähte ein „V“ machen

Eine V-Vertikalantenne ist im Grunde eine spezielle Form der Langdrahtantenne, bei der zwei Strahler in einem V-Winkel zueinander angeordnet sind.

  • Richtwirkung: Durch die V-Form addieren sich die Strahlungskeulen beider Schenkel phasengleich in der Hauptstrahlrichtung. Ergebnis: ca. +3 dB Gewinn gegenüber einem gleich langen Einzeldraht – das ist, als würde man seinem Signal einen kleinen Espresso spendieren.
  • Spreizwinkel: Kritisch! Zu groß – und die Richtwirkung verpufft. Zu klein – und man hat eher eine „fast gerade“ Antenne, die beleidigt in den Himmel funkt.
  • Eingangsimpedanz: Hochohmig (oft um 600 Ω), daher meist Anpassung über Balun oder abgestimmte Speiseleitung nötig.
  • Abstrahlwinkel: Flach – ideal für DX, weniger für den Plausch mit dem Nachbardorf.

🎯 2. Frequenzbereiche – Wo lohnt sich der Einsatz?

Die V-Vertikalantenne spielt ihre Stärken vor allem im oberen Kurzwellenbereich aus:

  • 14 MHz (20 m) – Klassiker für DX, niedriger Abstrahlwinkel, gute Reichweite.
  • 18–21 MHz (17 m / 15 m) – Sehr effizient, wenn die Ionosphäre mitspielt.
  • 24–28 MHz (12 m / 10 m) – Bei guten Bedingungen fast schon wie ein Richtfunkgerät.
  • Unterhalb von 7 MHz wird die Baugröße schnell unhandlich – es sei denn, man wohnt auf einem Bauernhof mit mehr Platz als Freunde.

⚖️ 3. Vergleich: V-Vertikal vs. klassische Vertikalantenne

Merkmal V-Vertikalantenne Klassische Vertikalantenne (λ/4)
Richtwirkung Bidirektional, +3 dB Gewinn Rundstrahler, kein Gewinn
Abstrahlwinkel Flach, ideal für DX Flach, aber oft etwas höher
Platzbedarf Groß, braucht Spreizwinkel Weniger Platz, nur Höhe entscheidend
Anpassung Hochohmig, Balun nötig 50 Ω direkt möglich
Bodenabhängigkeit Weniger kritisch Stark abhängig von Bodenleitfähigkeit
Betriebsarten Ideal für gezielte DX-Verbindungen Gut für Allround-Betrieb
Aufbauaufwand Höher (2 Masten, Spreizwinkel) Einfacher (1 Mast, Radials)

🛠️ 4. Billig-Nachbauten aus China – Segen oder HF-Katastrophe?

Wer auf einschlägigen Plattformen „V-antenna shortwave“ sucht, findet schnell Angebote, die preislich so verlockend sind wie ein All-you-can-eat-Buffet für 5 €. Erfahrungswerte:

  • Pro:
    • Preis oft nur 20–30 % eines Markenprodukts.
    • Sofort verfügbar, oft mit „kostenlosem“ Versand (der in Wahrheit im Preis steckt).
  • Contra:
    • Materialqualität: Drähte wie aus recycelten Büroklammern.
    • Baluns oft nur optische Attrappen – elektrisch so sinnvoll wie ein Regenschirm aus Pappe.
    • Mechanische Stabilität: Bei Windstärke 5 schon im Nirwana.

📦 5. Import, Zoll & Formalitäten – Willkommen im Papierkrieg

  • Zollgebühren: Ab ca. 150 € Warenwert wird’s ernst – Zollsatz je nach Warengruppe (Antennen meist 0–3 %).
  • Einfuhrumsatzsteuer: 19 % auf Warenwert + Versandkosten.
  • Lieferzeit: 2–8 Wochen – genug Zeit, um die Bauanleitung schon mal zu verfluchen.
  • Garantie: Praktisch nicht existent. Rücksendung nach China? Teurer als die Antenne selbst.

Fazit zum Import: Wer Spaß an Risiko, Papierkram und ungewisser Qualität hat – nur zu. Alle anderen sind mit einem soliden Selbstbau oder EU-Händler besser bedient.

☠️ 6. Schlussbetrachtung

Die V-Vertikalantenne ist wie ein scharfes Küchenmesser: In den richtigen Händen ein präzises Werkzeug, in den falschen – ein Garant für blutige Finger (oder in diesem Fall: verbrannte Endstufen). Wer billig kauft, bekommt oft eine Antenne, die mehr Rauschen sammelt als Signale. Und wer den Zoll ignoriert, lernt schnell, dass Bürokratie in Deutschland eine eigene, sehr stabile Resonanzfrequenz hat – irgendwo zwischen „Formular A38“ und „bitte in dreifacher Ausfertigung“.