
1. EinfĂŒhrung in APRS
APRS (Automatic Packet Reporting System) ist ein digitales Kommunikationsprotokoll, das Funkamateuren die Ăbertragung von Positionsdaten, Telemetrie, Wetterinformationen und Nachrichten in Echtzeit ermöglicht. Entwickelt von Bob Bruninga (WB4APR), verknĂŒpft APRS den klassischen Funkbetrieb mit modernen internetgestĂŒtzten Informationssystemen. Es dient als BrĂŒcke zwischen analogen Funktechniken und digitalen Netzwerken und erlaubt sowohl die direkte Kommunikation ĂŒber VHF-/UHF-KanĂ€le als auch den Datenaustausch ĂŒber Gateways und Digipeater.
2. Funktionsweise: Das AX.25-Paketprotokoll
APRS basiert auf dem AX.25-Protokoll, das speziell fĂŒr Paketfunkverbindungen im Amateurfunk entwickelt wurde. Jedes AX.25-Datenpaket besteht aus mehreren Bausteinen:
- Adressfeld: EnthÀlt Quell- und Zielrufzeichen sowie Angaben zu den möglichen Digipeater-Stationen. Diese Adressierung ermöglicht es sowohl direkte als auch weitergeleitete Verbindungen aufzubauen.
- Kontroll- und Protokollfeld: Dienen der Identifikation und Steuerung der PaketĂŒbertragung. Hier wird beispielsweise der Pakettyp (Information, ACK, etc.) festgelegt.
- Informationsfeld: Hier befinden sich die eigentlichen Nutzdaten. Im Fall von APRS können dies Positionskoordinaten, Wetterdaten, Telemetrie oder Nachrichten sein.
- Frame Check Sequence (FCS): Ein 16-Bit-CRC (Cyclic Redundancy Check) wird angehĂ€ngt, um die IntegritĂ€t des Datenpakets sicherzustellen. Dabei wird ĂŒblicherweise das CRC-Polynom
x16+x12+x5+1(Hexadezimal:Â 0x1021)
verwendet.
ZusĂ€tzlich wird ein spezieller Rahmenmechanismus eingesetzt, der sogenannte Flag-Bits (0x7E) am Anfang und Ende jedes Rahmens. Um sicherzustellen, dass diese Flag-Bits nicht in den Daten selbst auftreten, wird das Verfahren des Bit-Stuffing angewandt. Nach fĂŒnf aufeinanderfolgenden Einsen im Bitstrom wird automatisch eine Null eingefĂŒgt, um den Rahmen klar abzugrenzen.
3. APRS-Kodierung und Mathematische Grundlagen
3.1 Unkomprimierte Positionskodierung
In der StandardĂŒbertragung werden Positionsdaten hĂ€ufig im Format
ĂŒbertragen. Um beispielsweise den Breitengrad zu berechnen, erfolgt die Umrechnung in Dezimalgrad mit:
Dezimalgrad=Grad+Minuten60
Beispiel: FĂŒr die Angabe 4903.50N rechnet man:
49+03.5060â49+0,0583â49,0583â Nord
Diese Umrechnung ermöglicht es, klassische geographische Koordinaten in ein universell verstĂ€ndliches Format zu ĂŒberfĂŒhren.
3.2 Komprimierte Positionskodierung mittels Base91
Um Bandbreite zu sparen, bietet APRS eine komprimierte Ăbertragung der Koordinaten an. Hierbei wird das Base91-Verfahren angewandt, bei dem vier ASCII-Zeichen genutzt werden, um einen Zahlenwert zu kodieren. Jedes Zeichen im verwendeten Zeichensatz hat einen Wert zwischen 33 und 123. Der numerische Wert W wird dann ĂŒber folgende Formel berechnet:
W=(C1â33)Ă913+(C2â33)Ă912+(C3â33)Ă911+(C4â33)
Dieser Wert wird anschlieĂend so skaliert, dass er den vollen Wertebereich der jeweiligen Koordinate abbildet, etwa so:
Koordinate=Minimum+WĂSpanne914â1
Hierbei ist âMinimumâ der niedrigste darstellbare Wert (etwa -90° bei Breitengraden) und âSpanneâ entspricht dem gesamten darstellbaren Bereich (zum Beispiel 180° bei der Breite). Diese effiziente Kodierung reduziert die Anzahl zu ĂŒbertragender Zeichen erheblich und spart somit wertvolle Bandbreite, ohne dass gröĂere Positionsgenauigkeit verloren geht.
3.3 Fehlererkennung mittels CRC
Um Ăbertragungsfehler zu erkennen, wird in jedem AX.25-Rahmen der Frame Check Sequence (FCS) angehĂ€ngt. Ein vereinfachter Algorithmus zur CRC-Berechnung verlĂ€uft folgendermaĂen:
- Initialisierung: Setze das FCS auf 0xFFFF.
- Byteweise Verarbeitung: FĂŒr jedes Byte im Rahmen wird ein XOR mit dem mittleren Bereich des FCS durchgefĂŒhrt.
- Bitweise Verarbeitung: FĂŒr jedes Bit im Byte wird das FCS um eine Position verschoben. War das herausgeschobene Bit eine 1, erfolgt ein XOR mit dem Polynom 0x1021.
- Abschluss: Das Resultat wird hÀufig bitweise invertiert und in Little-Endian-Reihenfolge an den Rahmen angehÀngt.
Dieses Verfahren stellt sicher, dass bereits einzelne Bitfehler â die in einer rauschbehafteten FunkĂŒbertragung auftreten können â zuverlĂ€ssig erkannt und somit Fehlinterpretationen vermieden werden.
4. Reichweitenberechnung im APRS-Betrieb
Die Reichweite eines APRS-Signals hÀngt von mehreren Faktoren ab, beispielsweise der Sendeleistung, der Antennenhöhe, der Frequenz und den GelÀndebedingungen. Zwei mathematische Modelle geben hier wertvolle Anhaltspunkte:
4.1 FreiraumdÀmpfung (FSPL)
Die FreiraumdÀmpfung (Free Space Path Loss) beschreibt den Verlust an SignalstÀrke in freiem Raum und wird durch die folgende Formel modelliert:
FSPL (dB)=20logâĄ10(d)+20logâĄ10(f)+32,45
wobei
- d die Entfernung in Kilometern und
- f die Frequenz in MHz ist.
Diese Formel liefert einen idealisierten Wert fĂŒr den Signalverlust, der in realen Umgebungen zusĂ€tzlich durch Hindernisse und atmosphĂ€rische DĂ€mpfungseffekte beeinflusst wird.
4.2 Funkhorizont und geometrische Reichweite
Die Reichweite im Funkbetrieb wird hĂ€ufig â zumindest als NĂ€herungswert â durch die geografische Lage der Antennen bestimmt. Der sogenannte Funkhorizont kann mit folgender Formel abgeschĂ€tzt werden:
Hierbei sind:
- hTx die Höhe der Sendantenne in Metern,
- hRx die Höhe der Empfangsantenne in Metern, und
- d die Entfernung in Kilometern.
Beispielrechnung: Angenommen, eine mobile APRS-Anlage verfĂŒgt ĂŒber eine Antenne an einer Höhe von 30âŻm, wĂ€hrend das Empfangsgateway (z.âŻB. DL2JMK) auf 50âŻm installiert ist:
| Parameter |
Wert |
Berechnung |
| 30 |
â 5,48 |
30â5,48 |
| 50 |
â 7,07 |
50â7,07 |
| Summe |
â 12,55 |
5,48+7,07=12,55 |
| GeschÀtzte Reichweite d |
â 44,8âŻkm |
3,57Ă12,55â44,8Â km |
Dieser rechnerische Wert gibt den idealisierten line-of-sight-Bereich an. In der Praxis wirken zusĂ€tzliche Faktoren wie GelĂ€ndeformen, atmosphĂ€rische Ducting-Effekte oder der Einsatz von Digipeatern, die das Signal regenerieren können â wodurch die effektive Reichweite deutlich ĂŒber den berechneten Wert hinausgehen kann.
5. Zusammenfassung und Fazit
APRS stellt eine technisch beeindruckende Schnittstelle zwischen analogen Funkprozessen und moderner digitaler Kommunikation dar. Die Grundlage bildet das AX.25-Paketprotokoll, das mit seinen spezifischen Feldern und Fehlererkennungsmechanismen (CRC und Bit-Stuffing) die zuverlĂ€ssige Ăbertragung in einer dynamischen Umgebung gewĂ€hrleistet.
Die Positionskodierung erfolgt entweder unkomprimiert, wobei direkte Umrechnungen der Minuten zu Dezimalgraden vorgenommen werden, oder komprimiert mittels Base91, was zu einer sehr effizienten Darstellung der Koordinaten fĂŒhrt. Die zugrundeliegende Mathematik â von der Basisumrechnung bis hin zur Berechnung der FreiraumdĂ€mpfung und des Funkhorizonts â zeigt, wie exakte mathematische Modelle praktisch angewendet werden können, um die Reichweite und SignalqualitĂ€t im APRS-Betrieb abzuschĂ€tzen.
AbschlieĂend zeigt sich:
- Theoretisch liefert das Freiraum- und Funkhorizontmodell erste NĂ€herungswerte (beispielsweise ca. 45âŻkm bei typischen Antennenhöhen).
- Praktisch können jedoch durch atmosphĂ€rische Bedingungen, die strategische Platzierung von Gateways  sowie durch den Einsatz von Digipeatern Reichweiten von 100âŻkm oder mehr erreicht werden.
Diese technische Brillanz und die intelligente Kombination aus Hard- und Software-Technologien machen APRS zu einem unverzichtbaren Werkzeug fĂŒr Funkamateure, die nicht nur an der Positionsverfolgung interessiert sind, sondern auch tief in die physikalischen und mathematischen Herausforderungen der Funkkommunikation eintauchen möchten.